Austippen der Drei Gehirne

Text von John und Esther Veltheim

An sich ist nichts weder gut noch böse. Das Denken macht es erst dazu.
– William Shakespeare

Im Gegensatz zur allgemein üblichen Sichtweise besitzen wir nicht nur ein Gehirn, sondern drei. Jedes der Gehirne in unserem Körper hat einzigartige Fähigkeiten, keines von ihnen kann jedoch unabhängig von den anderen beiden funktionieren. Stattdessen funktionieren die drei Gehirne in Abhängigkeit voneinander (interdependently) und mit gegenseitiger Unterstützung.

Intuitiv weiß jeder Mensch, dass das Gehirn in seinem Kopf nicht das einzige Gehirn ist, sondern dass es zwei weitere Gehirne gibt. Unsere Erfahrungen sagen uns, dass wir drei interaktive Gehirne besitzen, die uns auf sehr unterschiedliche Weise informieren.

Trotzdem sind viele von uns intellektuell gesehen davon überzeugt, es gäbe nur ein einziges Gehirn – jenes in unserem Kopf. Solange wir dieser festen Überzeugung anhängen, werden wir erleben, dass die drei Gehirne im Konflikt miteinander liegen.

Mit Aussagen wie: „Mein Kopf sagt das eine, aber mein Herz behauptet genau das Gegenteil“, oder „Mein Bauch sagt, ich solle es tun, aber mein Kopf hält das für eine blöde Idee“ illustrieren wir diese Erfahrung auf anschaulichste Weise.

Wenn wir erst einmal verstanden haben, dass wir einen Drei-Gehirne-Komplex besitzen, und dann lernen, wie wir ihn unterstützen können, wird sich unsere Erfahrung des Gehirns vollkommen wandeln.

Das Kopfgehirn

Das Kopfgehirn gleicht einem Computer. Es lädt Informationen aus unserem Körper und aus der Umgebung herunter und reagiert darauf mit einem ständigen Unterstützungs- und Informationsprogramm für alle Körpersysteme. Das Kopfgehirn erledigt auch eine gewisse Menge allgemeiner Analysen und Konzeptualisierungen.

Das Kopfgehirn ist das Kontrollzentrum des Autonomen Nervensystems (alle nicht willkürlichen Prozesse). Das ANS steuert auch die „Kampf-Fluchtreaktion“ des Sympathikus und die „Ruhe- und Verdauungsreaktion“ des Parasympathikus. Diese funktionalen Prozesse sind von den beiden anderen Gehirnen – dem Herzgehirn und dem Bauchgehirn – abhängig und werden von ihnen angestoßen.

Die evolutionäre menschliche Entwicklung hat dazu geführt, dass das Kopfgehirn eine Menge Arbeit übernimmt, für die es nicht gemacht ist und die es auch gar nicht erledigen sollte. Das geschieht, weil dem Kopfgehirn in den sich entwickelnden Gesellschaften eine viel zu große Bedeutung gegeben und ihm viele Stärken und Rollen der anderen beiden Gehirne zugeschrieben wurden. Wir haben das Kopfgehirn zum Chef unserer Denkprozesse bestimmt. Das führt dazu, das viele von uns „im Kopf leben“ und sich auf ihr Kopfgehirn als wichtigsten Interpreten des Lebens verlassen. Von dieser fehlgeleiteten Verantwortung überlastet, wird das Kopfgehirn als chronische Anspannung erlebt, die sich in allen menschlichen Systemen spiegelt. Wenn das unkontrolliert so weiterläuft, führt es zu einer Desensibilisierung und psycho-physischen Abstumpfung; oder das genaue Gegenteil passiert, und wir werden übersensibel und überwachsam. So oder so: Solange wir „im Kopf leben“, überlassen wir es dem Denken, unseren Selbstwert zu bestimmen und uns sogar zu sagen, wer wir sind.

Der natürliche Impuls zu gesunder Selbstreflexion und Introspektion stellt sicher, dass wir nicht unbewusst und ungeprüft leben. Doch je tiefer wir davon überzeugt sind, das Denken sei unsere wichtigste Fähigkeit, desto unfähiger werden wir auch, uns nach innen zu wenden. Wir übergehen die Welt der Erfahrungen mit ihrem Reichtum an nicht-konzeptionellen Informationen, den unsere Systeme uns ständig zur Verfügung stellen, und verspielen damit die natürliche Fähigkeit zu Innenschau. Je normaler wir das ständige Denken finden, desto größer werden unser Stress und das Arsenal an Gegenmaßnahmen, die wir irgendwann zu suchen beginnen. Anstatt unser Gehirn als hilfreichen Diener zur Verfügung zu haben, machen wir uns zu seinem Sklaven.

Wenn das direkte Erleben von der Gewohnheit überschattet wird, ständig zu denken, kommt es einem wie eine persönliche Anstrengung vor, einfach mal nur zu sein. Mit unserem blinden Vertrauen in das Kopfgehirn und das Denken gleichen wir einem Seefahrer, der sein Segelboot bei bester Wind- und Wetterlage nur mit einem Außenbordmotor fährt. In beiden Fällen unterschätzt der Mensch die Macht der Natur, vergeudet Ressourcen und verspielt die Chance auf eine friedliche Reise.

Der Drei-Gehirne-Komplex

Eine derartige Unterbewertung des Herz- und Bauchgehirns und Überbewertung des Kopfgehirns vermindert die Gehirnplastizität. Schreitet die Verminderung der Gehirnplastizität fort, bestimmt die Gewohnheit dogmatisch zu denken und uns auf feste Annahmen zu verlassen schon bald unsere Lebensweise, und zwar ohne das wir es merken. Feste Vorannahmen dämpfen die gesunde Neugier und die Fähigkeit zu diskursivem Denken – beides wichtige Eckpfeiler eines gesunden Intellekts. Rigide Sichtweisen und Vorurteile vernebeln das Herz und machen uns blind für das Leben, wie es wirklich ist. Die Gewohnheit, sich auf feste Annahmen zu verlassen, ist das prägendste Symptom eines funktionsgestörten Drei-Gehirne-Komplexes.

Die eingeschränkte Sicht unseres Gehirns als reines Kopfgehirn spiegelt sich in vermehrten Erkrankungen des autonomen Nervensystems und psychologischen Störungen. Ein überlastetes Kopfgehirn behindert die harmonische Funktionsweise des Drei-Gehirne-Komplexes und des gesamten Psychosomatischen Systems.

Das Herzgehirn

Das Herzgehirn ist der Sitz unseres Selbst-Bewusstseins, deshalb zeigen wir auch instinktiv auf das Herzzentrum, wenn wir uns selbst meinen. Obwohl das Herzgehirn in vielen Kulturen als Symbol für romantische Liebe gilt, besteht seine eigentliche Funktion darin, die anderen beiden Gehirn zu verankern. Wenn diese Trinität gesund funktioniert, dient das Herzgehirn als Anker für alle Interaktionen in unserem Leben.

Wie gut das Herzgehirn die beiden anderen Gehirne verankert, ist entscheidend für die Effizienz unseres neurologischen und sensorischen Inputs. Wenn es das Kopf- und Bauchgehirn voll verankert, beruhigt sich das gesamte System und die „Kampf-Flucht-Reaktion“ in Stresssituationen, die unser Leben dominiert, wenn wir im Kopf leben, nimmt ihre natürliche Rolle ein und wird nur noch eingeschaltet, wenn das wirklich nötig ist. Auf diese Weise findet das menschliche System zu einer natürlichen, gesunden Hierarchie zurück, in der die „Ruhe-und-Verdauungsreaktion“ des Parasympathischen Nervensystems dominiert. Wenn das Parasympathische NS dominiert, fühlt sich der Mensch sowohl in der Ruhe als auch beim aktiven Tun entspannt und wohl. Unsere Handlungen werden praktisch und stressfrei und wie der oben vorgestellte Seemann navigieren wir unser Segelschiff endlich mit dem Wind, im Einklang mit der Natur, und die Reise verläuft friedlich und angenehm.

Bauchgehirn (Enterisches Gehirn)

Das Bauchgehirn hat mehrere Hauptfunktionen. Es spielt eine wichtige Rolle für unseren gesamten Abwehrmechanismus, d.h., es überwacht das Immunsystem und die Fähigkeit unseres Körpers, sich gegen Außenreize zur Wehr zu setzen. Es arbeitet mit dem Dünndarm zusammen und unterstützt seine Fähigkeit, die Verdauung und das Mikrobiom zu kontrollieren und zu regulieren. Traditionell gesehen ist das auch der Bereich, in dem Entscheidungen gefällt werden sollten. Das Kopf- und Herzgehirn analysieren und denken nach, aber wenn es darum geht, die Wahl zwischen Richtig und Falsch zu treffen, sollte das Enterische/Dünndarm-Gehirn zum Zuge kommen. Das Chinesische und das Indische Gesundheits- und Physiologiesystem wissen das seit tausenden von Jahren.

Wenn wir das Kopfgehirn unpassenderweise mit den Aufgaben des Bauchgehirns betreuen, halten wir es fälschlich für unseren Intellekt. Solange uns nicht bewusst ist, was die Beiträge des Herz- und des Bauchgehirns sind, erfahren wir unser Leben als ständigen Kampf. Intellektuell fehlinformiert, interpretieren wir jede Erfahrung unseres Selbst und des Lebens vollkommen falsch.

Anwenden / Austippen der Drei Gehirne

Du kannst die Funktionen des Drei-Gehirne-Komplexes allein durch die Anwendung der speziellen Drei-Gehirne-Austippmethode positiv beeinflussen. Immer, wenn du eine BodyTalk-Formel austippst – sei es das Cortex-Tippen, die Access-Techniken, Schnelle Hilfe, oder als BodyTalker bei einer BodyTalk Balance – tippst du nicht wie bisher nur das Kopf- und Herzgehirn aus, sondern auch das Bauchgehirn.
NEU: Zum Austippen des Bauchgehirns tippst du sanft über den Nabelbereich.

Indem du jedes der drei Gehirne austippst, bringst du Bewusstsein in den gesamten Drei-Gehirne-Komplex. Diese Technik schult die drei Gehirne darin, wieder effizienter zusammenzuarbeiten, und sie ermöglicht es uns, alle drei Gehirne viel besser zu nutzen. Die Harmonisierung des Drei-Gehirne-Komplexes hilft dem Körper, besser auf alle BodyTalk-Balancen zu reagieren.

Diese einfache, bewusste Anerkennung der symbiotischen, wechselseitig unterstützenden Natur der Drei Gehirne hilft ihnen enorm. Und je mehr sich unsere bewusste Anerkennung der Drei Gehirne vertieft, desto mehr schwindet unsere systemische Anspannung: Selbstzweifel nehmen ab, Entscheidungen werden praktisch und mühelos gefällt, Gesundheit und Wohlgefühl breiten sich zunehmend aus.

Das Austippen der drei Gehirne ist eine der einfachsten und effektivsten Möglichkeiten, sich selbst zu helfen.

Solltest du jetzt irgendwelche Fragen dazu haben, kannst du dich jederzeit auch an mich wenden unter info@letyourbodytalk.at

Quelle (Text und Bild): IBA – International BodyTalk Association